In diesem Artikel möchte ich meine Einschätzung zum Wahlkampf, dem Wahlgang und zum Wahlergebnis abgeben, wie ich es in West Virginia erlebt habe, einem der konservativsten Staaten in den USA.

Wahlkampf:

Zum Fernsehwahlkampf kann ich leider nicht sehr viel berichten, da meine Hostfamily, untypischerweise für Amerika, keinen Fernsehanschluss hat. Jedoch haben mir Freunde und andere Teilnehmer berichtet, dass hier sehr viel und offensiv Fernsehwerbung gemacht wurde und alle froh waren wie die Wahl und somit auch die Fernsehwerbungen vorüber waren. Radiowahlkampf wird hier auch sehr intensiv betrieben. Immer wenn ich Auto gefahren bin, habe ich Wahlkampfwerbung gehört.
Eine andere Art des Wahlkampfes ist das Plakatieren am Straßenrand. Egal ob auf großen Plakatwänden oder auf kleinen Schildern, überall könnte man sehen, dass Wahlen sind. Was ich besonders bemerkenswert empfand ist, dass in vielen Vorgärten Wahlwerbung zu sehen war. Ich war auf dem Princeton Herbstmarkt und am Bridgeday, auf beiden Veranstaltungen waren Marktstände der Kandidaten, wo eben auch diese Wahlplakate verteilt wurden.
Aber diese Arten sind mehr oder weniger auch in Deutschland bekannt. Folgende Art des Wahlkampfes kenne ich aus Deutschland nicht: Egal mit welchem Werbemittel, ob Flyer, Fernseh-, Radio, Zeitungs-, oder Social-Media Werbung, überall wurde Negativwerbung für den jeweils anderen Kandidaten gemacht. Getreu dem Motto: Wenn ihr meinen Kontrahenten wählt, wählt ihr den Teufel und habt die Hölle auf Erden.
Insgesamt kann ich zum Wahlkampf sagen, dass er viel intensiver und mit wesentlich mehr Aufwand geführt wird. Für die Senatswahl zum Beispiel wurden in West Virginia von beiden Kandidaten zusammen 17 Millionen US-Dollar in den Wahlkampf investiert. Das liegt denke ich zum einen daran, dass es in den USA im Vergleich zur Einwohnerzahl wesentlich weniger Repräsentanten als in Deutschland gibt und da es

immer nur eine Wahl zwischen zwei Kandidaten ist.

 

 

Wahltag:

Der Wahlvorgang ist auch etwas anders als in Deutschland. Es gibt zwar einen Wahltag, das ist aber vielmehr der letzte Tag, an dem man seine Stimme abgeben kann. Denn 14 Tage vorher beginnt early voting. Das heißt man hat 10 Tage vorher Zeit seine Stimme abzugeben. Die andere Möglichkeit seine Stimme abzugeben ist wie in Deutschland die Briefwahl. In West Virginia muss aber immer noch ein Grund angegeben werden, warum man absente voting machen möchte. Der eigentliche Wahltag ist immer der Dienstag nach dem ersten Montag im November. An diesem Wahltag öffnen die Wahllokale von Staat zu Staat unterschiedlich. In Virginia zum Beilspiel öffneten sie um 6 Uhr und schlossen um 19 Uhr, in West Virginia öffneten sie erst um 6:30 Uhr und schlossen um 19:30 Uhr. Trotz all dieser Möglichkeiten ist die Wahlbeteiligung vergleichsweise gering. Nur 47% der Wahlberechtigten haben in den Midterm-elections ihre Stimme abgegeben, was allerdings ein 50-jahreshoch war. Ich hatte am Wahltag die Möglichkeit zusammen mit einem Freund wählen zu gehen. In den Wahllokalen haben die Wahlhelfer, die zur Hälfte aus Demokraten und zur Hälfte aus Republikanern bestehen müssen, eine Liste mit allen Wahlberechtigten. Man muss seine ID vorzeigen und unterschreiben. Es gibt keinen Wahlschein, wie in Deutschland, der abgegeben werden muss. So ist es auch nicht möglich in einem anderen Wahllokal, als dem festgelegten, seine Stimme abzugeben. Wenn man unterschrieben hat, wird man zum Wahlautomaten begleitet, dieser wird dann freigegeben und man kann mit dem wählen beginnen. Dieses Jahr war in Mercer County ein Senator, der Repräsentant des Districts, zwei State Supreme Court Richter, das WV House of Delegates, der State Senate und der County Comissioner zur Wahl gestanden.
Nachdem man seine Stimme abgegeben hat, bekommt jeder einen Aufkleber mit der Beschriftung: „I voted today“ um andere zu motivieren auch wählen zu gehen. Außerdem hatte ich am Wahltag die Möglichkeit den Mercer County Clerk Verlin Moye zu treffen. Ein County-Clerk ist unter anderem für die Durchführung von Wahlen zuständig. Er hat mir erzählt, dass es 14.000 registrierte Demokraten, 11.000 registrierte Republikaner und 17.000 unabhängige Wähler in Mercer County gibt. Das zeigt, dass das System hier ganz anders ist, da mehr als die Hälfte aller Wähler ein Parteibuch hat, was auch mit den Vorwahlen zu tun hat. Dies erklärt auch warum die Wahlhelfer von beiden Parteien sein müssen. Weiterhin hat er mir erklärt, wie die Auszählung funktioniert und kontrolliert werden kann, dass die Wahlautomaten nicht manipuliert werden. Ein wesentlicher Vorteil von Wahlautomaten ist, dass die Auszählung der abgegebenen Stimmen schneller vonstattengeht. In Mercer County stand bereits 1,5 Stunden nach Schließung der Wahllokale das vorläufige amtliche Wahlergebnis fest.

Wahlergebnis:

Am meisten habe ich mich für die Wahl zum U.S. Senat und zum Repräsentantenhaus interessiert. Ein U.S.-Senator wird regulär für 6 Jahre gewählt. Seniorsenator Joe Manchin hat seinen Sitz seit 2010 und stand nach einem 2-Jahresterm und einem vollen 6-jahresterm dieses Jahr wieder zur Wahl. Er war bereits zwei Amtszeiten Governor von West Virginia und meiner Meinung nach und nachdem was ich Gesprächen entnehmen konnte, ein ziemlich beliebter Politiker in West Virginia. Sein Problem war allerdings, dass er Demokrat ist. Donald Trump hat West Virginia 2016 mit einem Vorsprung von 42 Prozent gewonnen. Daher hat er 5 Mal innerhalb eines Jahres Wahlkampf für Patrick Morrisey, dem republikanischen Herausforderer gemacht. Patrick Morrisey war vor seinem politischen Engagement Lobbyist für die Pharmaindustry, außerdem ist er ursprünglich von New Jersey, unter anderem diese beiden Umstände disqualifizierten ihn für mich für dieses Amt.  Dennoch haben 46% der West Virginians ihn seine Stimme gegeben. Allerdings nicht genug. Joe Manchin konnte zu meiner Freude so seinen Sitz halten.
Das Rennen um den Sitz im Repräsentantenhaus war genauso spannend. Der Demokrat Richard Ojeda trat gegen die Republikanerin Carol Miller an. Der Sitz in meinem District war seit Mai unbesetzt, da Evan Jenkins im Mai zurückgetreten ist um Richter am West Virginia Supreme Court zu werden. Richard Ojeda hat sehr viel Wahlkampf betrieben, war auf sehr vielen Veranstaltungen um Werbung für sich zu machen. Carol Miller hingegen hat kaum Wahlkampf gemacht und sich vor allem darauf berufen, dass sie Präsident Trump in allem unterstützt und gegen Abtreibung ist, was im konservativen West Virginia von Vorteil ist. Die Wähler jedoch ignorierten das hohe Engagement von Richard Ojeda und wählten Carol Miller für die nächsten zwei Jahre ins Amt.

Ich bin sehr froh, dass ich in einem Wahljahr in den USA sein durfte und diesen sehr spannenden Prozess hautnah miterleben konnte. Nach vielen Gesprächen mit einheimischen Leuten, kann man sagen, dass es eine gute Wahl für die Demokratie gewesen ist. Zwar haben die Demokraten nicht die Mehrheit im U.S. Senat zurückgewonnen, jedoch aber im Repräsentantenhaus. Was nach Einschätzung vieler Einheimischer und Experten, das Beste für das politische System in den USA ist. So müssen beide Parteien in Zukunft wieder Kompromisse finden und es wird wieder Politik für eine Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner gemacht.

 

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