Jetzt sitze ich hier am Abend des fünfundzwanzigsten Mais und höre traurige Musik und trinke eines der tausenden guten Biere, die dieser wunderbare Staat zu bieten hat.
Bellingham ist es nicht leider nicht geworden, doch trotzdem wurden die Erwartungen weit übertroffen!
Laut der Website sind es noch 59 Tage bis zum Ende,. Am 1.7. geht es dann auf den Roadtrip und dann ist das Jahr auch schon fast vorbei. Es verging viel zu schnell!
Doch trotzalledem bin ich glücklich, denn ich habe wohl meinen Traumjob gefunden mit den besten Kollegen die man sich wünschen kann.
Nur leider hat alles ein Ende, nur der Stamm hat zwei.
Mir geht es sehr gut. Meine Sorgen Beschränken sich nur auf das Nächste, auf das Studium. Ich will gerne denken, dass es noch vier Monate sind, bis es los geht. Doch was sind schon vier Monate? Will ich tatsächlich Forstwirtschaft studieren oder doch lieber Forstwissenschaft? Kann ich das mit meinem NC? Reichen die Wartesemester aus? Was wenn meine Ausbildung nicht angerechnet wird? Geht es mir sehr gut? Ist die Mathematik im Studium zu schwer für mich? Finde ich keinen Anschluss, weil ich zu alt bin? Habe ich mich zu sehr auf eine Sache eingeschossen, obwohl ich den Wald liebe? Will ich nicht doch lieber etwas anderes machen?
Fragen.
Keine Ahnung ob ich es richtig mache, allerdings kann ich so lange etwas probieren, bis es stimmt. Und bis jetzt kann ich feststellen, dass es mir doch gut geht. Auch wenn ich Zweifel habe. Oder Respekt. Mal sehen, wo dort der Unterschied liegt.Ich danke meinen Eltern und allen Kräften die irgendwie für meinen Weg verantwortlich sind. Wenn man sein Glück nicht beim Namen nennt, schwindet es.
Meine Liste, der Dinge die ich in den USA machen wollte ist jetzt kleiner geworden. Es stehen noch Dinge wie ein Rundflug, Erkundungen der Inseln und Goodbye sagen auf der Liste. Gerade der letzte Teil wird weh tun.
So wie es jetzt ist, wird es nie wieder sein. Die Leute die man hier kennengelernt hat, werden in dieser Konstellation nie wieder zusammenkommen. Ist es nicht traurig, dass man nicht in dem Moment leben kann, um alles Gute zu wiederholen?
Ich habe Angst zu vergessen, weil ich mich kenne.
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Die letzten Monate seit meinem letzten Post waren sehr ereignisreich. Ich arbeitete. Doch nicht nur das, ich lernte auch. Meine Arbeit bei dem Landesforsten des Staates Washingtons (dem schönsten überhaupt) bewegen mich dazu meine Lebenspläne zu überdenken.
Eine Green Card für den Evergreen State?
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An einige Arbeitstage werde ich mich definitiv noch erinnern. Als im Februar der Winter einbrach und mich und meine Arbeitskollegen für zwei Wochen von der Arbeit befreite, hätte einem langweilig werden können! Können ist dabei im Konjunktiv. Man hat sich natürlich privat getroffen und Siedler oder Magic gespielt oder sich anderweitig outdoormäßig beschäftigt.
Der Tag, der mir am meisten im Kopf bleibt, ist vielleicht der Tag, wo ich mit Sam und Bryent den Berg nördlich von Gold Bar heraufgewandert bin. Wisst ihr, die Wahrscheinlichkeit, dass in Pike Place Market in Downtown Seattle schon jemand ein Foto geschossen hat, ist extrem hoch. Doch wenn ich in Skyrider (einem geplanten Rohholzverkauf), etwa 1500 Höhenmeter über dem Dorf Gold Bar bin und damit etwa 5 Meilen weit weg von der nächsten Zivilisation, bekommt man ein Gefühl der Mulmigkeit und verspürt unglaublichen Respekt. Man springt nicht mehr von Stein zu Stamm über Fluss und Schlucht, sondern jeder Schritt ist wohlüberlegt und geplant. Brichst du deine Knochen oder du verstauchst deinen Knöchel hast du viel Spaß wieder herunterzukommen.
Bryent, Sam und ich wanderten den Deer Creek, einen der wenigen föderal benannten Bäche nach Norden hoch. Während der Arbeitszeit erkundendeten wir alluviale Fächer und stellten fest, wo der Altwuchstbestand seine Grenzen zog. Jeder Stein war lose, denn der Bach wütete nur vor sich hin. Die Schneeschmelze war gerade unter ihrem Höhepunkt gekommen und wir mussten stets Bachaufwärts schauen um nicht von einem Geröllfluss überrascht zu werden. Wenn ich so daran denke, bekomme ich noch immer Gänsehaut. Auf der halben Strecke konnten wir unglaubliche Fotos schießen. Sam auf einem Wasserfall, den er erklimmte und wie ein Herrscher auf die Natur auf sich herabblickte. Natürlich unwissend, dass noch viel steilere Abschnitte auf ihn zukommen würden.
So erklommten wir den Fächer und waren unbeeindruckt von der Macht der Natur, verstanden allerdings ihre Gewalt und überlegten uns jeden Schritt. Die Chance, dass jemand exakt diese Strecke vor uns machte, ist extrem gering. Ist es nicht unglaublich zu wissen, dass man jungfräuliches, unbetretenes und primordiales Gelände betritt? Jedes mal bekomme ich eine Art Schauer an meinem Rücken.
Wir hatten es am Ende geschafft und waren oben angekommen. Doch die Uhr schlug schon 14:00 und wir mussten auch fast direkt einen Weg nach unten finden. Unglaublich. Einfach nur Unglaublich!
Und das Beste ist, man wird dafür bezahlt.
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Mein Arbeitgeber konnte mich in diversten Dingen gut ausbilden. Ich kann ARCGis nun auf einem gutem Level verwenden und kenne die geologischen Prozesse und forstingenieurrelevanten Arbeitstechniken des wahrscheinlich fortschrittlichsten Unternehmens in der Forstwirtschaft. Wir Deutschen können uns eine dicke Scheibe abschneiden.
Doch, was es hier mangelt ist die Romantik. Dieser Wald hat kaum eine Seele, nur der Altwuchs hat es. Dieser Wald ist auf Rotationen basiert und damit nicht ewig. Innenwaldklima ist kein Begriff, weil hier kahlgeschlagen wird. Eine Durchforstung findet nicht nach Schullehre und Sinnhaftigkeit von oben statt, sondern von unten um „Habitat zu verbessern“. Aus einer Deutschen Sicht es sehr schwer zu verstehen. Vieles, was ich hier gelernt habe, widerspricht der Meinung der Deutschen Förster. Doch es funktioniert hier auch, nur auf einer ganz anderen Skala. Viel größer, weniger Arbeitnehmer, mehr Technisierung, weniger Romantik. Das Bild der Deutschen des Waldes ist nonexistent. Dies ist natürlich keine schlechte Sache, sondern einfach eine Andere. Alles muss als Kompromiss verstanden werden, sonst wird man hier nicht glücklich.
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Neben der Arbeit war ich natürlich noch auf Reisen. Boston, Reno und DC waren allesamt super cool! Doch im Prinzip würde jede Stadt einen eigenen Blogeintrag verdienen. Darauf habe ich jetzt keine Lust ;D.
Insofern gehe ich dann jetzt mal schlafen. Jetzt ist es auch der sechsundzwanzigste Mai. Noch ein Tag bis zum 23. Geburtstag. Was mach ich denn da nur? Mal schauen 🙂
Auf Ewigkeit gut Holz!