Loading...
X

SOTU

Monday, 4th of February

Molly [Die Terminplanerin in Congressman Shimkus’ office]
„Clara, what are your plans for tomorrow night?“

Me: „Ähm well, I don’t have any.“

Molly: „Ok. Would you like to go to the „State of the Union Address”?“

Me: „Haha what? Don’t you want to go? Or the other members of our team?“

Molly: „That’s all right, don’t worry! So, Do you want to go?“

Me: „Ähh for sure?!“

Molly: „All right, come with me.“

Wir liefen zu ihrem Rechner. Ich war völlig sprachlos. Ich? State of the Union? Was?

Molly: „First Name? Last Name? Date of Birth? Place of Birth? Numbers on your passport?“ Kurzer Gang zum Drucker. “We’re done!”

Me: „Wow, Molly, thank you so, so much!“

 

Zurück auf meinem Platz starrte ich mindestens fünf Minuten meinen Bildschirm an. Was war das denn gerade? Ich darf zur „State of the Union Adress“ als Begleitung meines Congressman? Wie? Was? „The German Intern is going to the SOTU, as they call it over here”, das ist doch ein Witz.

NEIN, es stimmt tatsächlich!

Zu Hause angekommen, besprach ich mit meiner Hostmum das Outfit kein Rot (Republicans), kein Blau (Democrats) und auf gar keinen Fall Weiß (Zeichen des Protest gegen den Präsidenten). Meine Hostmum antwortete mir auf meine Nachfrage: „Nein Clara, kein Weiß, so verlockend du es auch findest.“

Tuesday, 5th of February.

Der Tag verlief nicht anders, als „normale“ Tage als Praktikantin, aber was ist schon normal am Capitol Hill. Zwischendurch kamen einige aus dem Team vorbei, die mich für diese einzigartige Einladung beglückwünschten. Und à propos Einladung: VOILÀ!

Das Büro leerte sich, und je später es wurde desto mehr wuchs meine Aufregung. Ich vergewisserte mich 157 Mal, dass ich meine Einladung und meinen Reisepass dabei hatte. Während meine Nervosität bei guten 70% war, kam Congressman JM Shimkus lässig rein, um den Abend abzusprechen. In seinen mehr als 20 Jahren Kongresserfahrung hat er schon einige SOTUs miterlebt und versicherte mir, dass es keinen Grund zur Nervosität gäbe. „Relax, it will be a great night.“ Craig, der Chief of Staff, kam dazu und fragte mich auf welche Person ich mich denn am meisten freuen würde. Meine innere Stimme schrie „Alexandria Ocasio- Cortez, Elizabeth Warren, John Lewis, Nancy Pelosi, Cory Booker, Kamala Harris.” Wait, Clara, das sind alles Democrats. Sicherlich hätten die beiden Herren es nicht schlimm gefunden, wenn die Namen nur so aus mir heraus gesprudelt wären. Trotzdem lautete meine Antwort in dem republikanischen Büro. „Am meisten? Das ist wirklich schwer zu sagen! Schließlich werden alle Members of the House of Representatives, alle Senatoren, die ganze Trump-Administration und sogar der Supreme Court da sein. Das wird einfach ein unvergesslicher Abend!“ Und diese Antwort war schließlich nicht gelogen.

 

„Clara, are you ready to go?”

„Of course”

„All right, let’s go!”

Congressman Shimkus ist so unfassbar nett und herzlich! Es war ziemlich spannend sich mit ihm über seine Zeit als Soldat in Westdeutschland zu unterhalten, ihm Fragen zur aktuellen Russland- und NATO-Politik zu stellen oder einfach über unseren Glauben zu reden (Er ist auch Lutheraner).

Während sich meine Anspannung durch unser Gespräch langsam legte, waren die Sicherheitskräfte, die wir auf dem Weg ins Capitol passierten, merklich in Alarmbereitschaft. UND WIE VIELE von der Capitol Police anwesend waren, inklusive Spezialeinheiten wie Sprengstoffexperten mit Hunden.

Kein Wunder, wenn man bedenkt, wer sich dort alles an einem Fleck tummelt. Mike Perry, der momentane Energieminister in Trump’s Kabinett blieb der Veranstaltung an einem sicheren und unbekannten Ort fern, denn #crazyfact: es gibt einen „designated survivor“.  Im Falle eines Anschlages, der sowohl den Präsidenten, als auch diejenigen tötet, die diesen Posten übernehmen würden, muss es jemanden geben, der die Position eines Übergangspräsidenten übernimmt. In diesem Fall Mike Perry.

Im Zimmer des House Minority Leaders Kevin McCarthy gab es einen kleinen Empfang. Trüffelravioli, Krabbenquiche, traumhafte Schokoladenküchlein. Die Stimmung war locker, es wurde viel gelacht, diskutiert und mein Blick ging durch den Raum: Zahlreiche Militärs in ihren Uniformen, – uh da! Congressman Barry Loudermilk und Jody Hice aus Georgia und dort – DA McCarthy im Smalltalk! Auch wenn ich noch nicht alle Gesichter drauf habe, spätestens der kleine runde Anstecker verriet, dass es sich um einen Congressmember handelte. Auffallende Mehrheit: Männliche Anzugträger in ihren besten Jahren.  

„Hey John, good to see you!” Congressman Shimkus ist bekannt, und so schüttelte ich wie selbstverständlich die Hände so mancher Abgeordneter und waren im kurzen Smalltalk mit ihnen. Alle waren freundlich, höflich und interessiert an meinem German-Background und an CBYX (#MitStolzWerbungGemacht). Mein Handy musste ich zu diesem Zeitpunkt schon abgeben, und so machte der Congressman mit seinem ein Bild von mir und Betsy DeVos, der aktuellen Bildungsministerin.

Nach einem Sicherheitsscreening wie am Flughafen brachte mich Congressman Shimkus zu meinem Platz, direkt gegenüber des Speakers Podium. Ich hatte die perfekte Sicht auf Trump, Mike Pence und Pelosi. Unglaublich!

Der folgende Link beginnt die Übertragung der SOTU, ungefähr zu dem Zeitpunkt, zu dem auch ich mich in die Galerie gesetzt habe. Have a look:  https://www.youtube.com/watch?v=97RUJGp5ST4&t=3026s

Die Top 3 für besondere Erwähnung,

  • Die Politikerinnen, die weiß trugen, wurden immer mehr. Da sie alle zusammen saßen, entwickelte es sich zu einer ziemlichen großen weißen „Traube“, umringt von schwarz-grauen Anzügen/Kostümen. Was für ein phänomenaler Anblick!
  • Von oben hatte ich einen ganz guten Blick, um etwas ziemlich Spannendes zu beobachten: Wie reagiert Pelosi auf das Gesagte von Trump, und wie kommuniziert sie während der Rede mit ihren Parteimitgliedern? Wann animiert sie sie zum Aufstehen und wann erhebt sie mahnend ihren Finger? Zudem konnte man gut sehen, welche/r Congressman/woman aufstand und jubelte, wer klatschte und wer sitzen blieb. Je weiter die Rede voranschritt, desto selektiver wurde der Applaus. Diesen Eindruck hatte ich besonders bezogen auf die Gäste in der Galerie. Standen diese am Anfang noch automatisch auf, wenn sich die Republicans erhoben, so haben immer mehr Zuschauer das Sitzenbleiben als Chance genutzt, ihre politische Meinung zu bekunden. Während meine beiden Sitznachbarn sich euphorisch von ihren Stühlen erhoben, habe ich mich gefragt, ob ich die Aussage unterstütze und dafür applaudieren möchte.
  • „Members of Congress, the State of our Union is strong!“, nach einer Applauswelle stimmten die Republicans in einen “USA, USA, USA” Gesang ein. Ich zuckte zusammen und war kurz erstarrt. Für mich war dieses offensive Zeigen des Nationalstolzes im Kongress befremdlich und unangenehm.

Congressman Shimkus holte mich von der Galerie ab, um mir kurz das Spektakel in der National Statuary Hall zu zeigen. Der große Raum war überflutet von Fotografen und Reportern, die auf die „shooting stars“ der amerikanischen Politik gewartet haben, um direkt die ersten Meinungen einzufangen. Der Congressman gehört nach seinen eigenen Angaben nicht dazu. Daher konnten wir entspannt den „roten Teppich“ runter laufen, um die Szene von der anderen Seite der Absperrung einzufangen. Unter anderem liefen Mitt Romney, Brett Kavanaugh und Nancy Pelosi nur wenige Zentimeter an mir vorbei, jedoch zu sehr abgeschirmt durch Sicherheitspersonal, um nach einem Foto zu fragen.

Durch die verwinkelsten und geheimsten Gänge ging es zum Auto. Tatsächlich hat mich Congressman Shimkus zur Bahnstation gefahren. Um 1:30 Uhr fiel ich erschlagen von allen Eindrücken, aber unfassbar glücklich, ins Bett.

Clara, warum hast du eigentlich das Ticket bekommen? Jeder Congress-Abgeordnete darf eine Begleitperson mitnehmen. In Time-Slots, die zufällig an die Offices vergeben werden, können dann die Namen der Begleitpersonen eingetragen werden. Anscheinend hat sich keiner im Team diesen Platz reserviert und so war ich die erste, über die Molly gestolpert ist, als sie durchs Büro gelaufen ist. Ich hatte einfach unfassbares Glück. Daher bin ich zu tiefst dankbar, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort gesessen habe, um an diesem einzigartigen Event teilnehmen zu können. The State of the Union live mitzuerleben, das hätte ich niemals zu träumen gewagt. Die Erinnerung an dieses Ereignis werde ich sicherlich nie vergessen. Mehr als 1000x Danke an alle, die mir das ermöglicht haben!

Leave Your Observation

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert