Autor: Clara

SOTU

Monday, 4th of February

Molly [Die Terminplanerin in Congressman Shimkus’ office]
„Clara, what are your plans for tomorrow night?“

Me: „Ähm well, I don’t have any.“

Molly: „Ok. Would you like to go to the „State of the Union Address”?“

Me: „Haha what? Don’t you want to go? Or the other members of our team?“

Molly: „That’s all right, don’t worry! So, Do you want to go?“

Me: „Ähh for sure?!“

Molly: „All right, come with me.“

Wir liefen zu ihrem Rechner. Ich war völlig sprachlos. Ich? State of the Union? Was?

Molly: „First Name? Last Name? Date of Birth? Place of Birth? Numbers on your passport?“ Kurzer Gang zum Drucker. “We’re done!”

Me: „Wow, Molly, thank you so, so much!“

 

Zurück auf meinem Platz starrte ich mindestens fünf Minuten meinen Bildschirm an. Was war das denn gerade? Ich darf zur „State of the Union Adress“ als Begleitung meines Congressman? Wie? Was? „The German Intern is going to the SOTU, as they call it over here”, das ist doch ein Witz.

NEIN, es stimmt tatsächlich!

Zu Hause angekommen, besprach ich mit meiner Hostmum das Outfit kein Rot (Republicans), kein Blau (Democrats) und auf gar keinen Fall Weiß (Zeichen des Protest gegen den Präsidenten). Meine Hostmum antwortete mir auf meine Nachfrage: „Nein Clara, kein Weiß, so verlockend du es auch findest.“

Tuesday, 5th of February.

Der Tag verlief nicht anders, als „normale“ Tage als Praktikantin, aber was ist schon normal am Capitol Hill. Zwischendurch kamen einige aus dem Team vorbei, die mich für diese einzigartige Einladung beglückwünschten. Und à propos Einladung: VOILÀ!

Das Büro leerte sich, und je später es wurde desto mehr wuchs meine Aufregung. Ich vergewisserte mich 157 Mal, dass ich meine Einladung und meinen Reisepass dabei hatte. Während meine Nervosität bei guten 70% war, kam Congressman JM Shimkus lässig rein, um den Abend abzusprechen. In seinen mehr als 20 Jahren Kongresserfahrung hat er schon einige SOTUs miterlebt und versicherte mir, dass es keinen Grund zur Nervosität gäbe. „Relax, it will be a great night.“ Craig, der Chief of Staff, kam dazu und fragte mich auf welche Person ich mich denn am meisten freuen würde. Meine innere Stimme schrie „Alexandria Ocasio- Cortez, Elizabeth Warren, John Lewis, Nancy Pelosi, Cory Booker, Kamala Harris.” Wait, Clara, das sind alles Democrats. Sicherlich hätten die beiden Herren es nicht schlimm gefunden, wenn die Namen nur so aus mir heraus gesprudelt wären. Trotzdem lautete meine Antwort in dem republikanischen Büro. „Am meisten? Das ist wirklich schwer zu sagen! Schließlich werden alle Members of the House of Representatives, alle Senatoren, die ganze Trump-Administration und sogar der Supreme Court da sein. Das wird einfach ein unvergesslicher Abend!“ Und diese Antwort war schließlich nicht gelogen.

 

„Clara, are you ready to go?”

„Of course”

„All right, let’s go!”

Congressman Shimkus ist so unfassbar nett und herzlich! Es war ziemlich spannend sich mit ihm über seine Zeit als Soldat in Westdeutschland zu unterhalten, ihm Fragen zur aktuellen Russland- und NATO-Politik zu stellen oder einfach über unseren Glauben zu reden (Er ist auch Lutheraner).

Während sich meine Anspannung durch unser Gespräch langsam legte, waren die Sicherheitskräfte, die wir auf dem Weg ins Capitol passierten, merklich in Alarmbereitschaft. UND WIE VIELE von der Capitol Police anwesend waren, inklusive Spezialeinheiten wie Sprengstoffexperten mit Hunden.

Kein Wunder, wenn man bedenkt, wer sich dort alles an einem Fleck tummelt. Mike Perry, der momentane Energieminister in Trump’s Kabinett blieb der Veranstaltung an einem sicheren und unbekannten Ort fern, denn #crazyfact: es gibt einen „designated survivor“.  Im Falle eines Anschlages, der sowohl den Präsidenten, als auch diejenigen tötet, die diesen Posten übernehmen würden, muss es jemanden geben, der die Position eines Übergangspräsidenten übernimmt. In diesem Fall Mike Perry.

Im Zimmer des House Minority Leaders Kevin McCarthy gab es einen kleinen Empfang. Trüffelravioli, Krabbenquiche, traumhafte Schokoladenküchlein. Die Stimmung war locker, es wurde viel gelacht, diskutiert und mein Blick ging durch den Raum: Zahlreiche Militärs in ihren Uniformen, – uh da! Congressman Barry Loudermilk und Jody Hice aus Georgia und dort – DA McCarthy im Smalltalk! Auch wenn ich noch nicht alle Gesichter drauf habe, spätestens der kleine runde Anstecker verriet, dass es sich um einen Congressmember handelte. Auffallende Mehrheit: Männliche Anzugträger in ihren besten Jahren.  

„Hey John, good to see you!” Congressman Shimkus ist bekannt, und so schüttelte ich wie selbstverständlich die Hände so mancher Abgeordneter und waren im kurzen Smalltalk mit ihnen. Alle waren freundlich, höflich und interessiert an meinem German-Background und an CBYX (#MitStolzWerbungGemacht). Mein Handy musste ich zu diesem Zeitpunkt schon abgeben, und so machte der Congressman mit seinem ein Bild von mir und Betsy DeVos, der aktuellen Bildungsministerin.

Nach einem Sicherheitsscreening wie am Flughafen brachte mich Congressman Shimkus zu meinem Platz, direkt gegenüber des Speakers Podium. Ich hatte die perfekte Sicht auf Trump, Mike Pence und Pelosi. Unglaublich!

Der folgende Link beginnt die Übertragung der SOTU, ungefähr zu dem Zeitpunkt, zu dem auch ich mich in die Galerie gesetzt habe. Have a look:  https://www.youtube.com/watch?v=97RUJGp5ST4&t=3026s

Die Top 3 für besondere Erwähnung,

  • Die Politikerinnen, die weiß trugen, wurden immer mehr. Da sie alle zusammen saßen, entwickelte es sich zu einer ziemlichen großen weißen „Traube“, umringt von schwarz-grauen Anzügen/Kostümen. Was für ein phänomenaler Anblick!
  • Von oben hatte ich einen ganz guten Blick, um etwas ziemlich Spannendes zu beobachten: Wie reagiert Pelosi auf das Gesagte von Trump, und wie kommuniziert sie während der Rede mit ihren Parteimitgliedern? Wann animiert sie sie zum Aufstehen und wann erhebt sie mahnend ihren Finger? Zudem konnte man gut sehen, welche/r Congressman/woman aufstand und jubelte, wer klatschte und wer sitzen blieb. Je weiter die Rede voranschritt, desto selektiver wurde der Applaus. Diesen Eindruck hatte ich besonders bezogen auf die Gäste in der Galerie. Standen diese am Anfang noch automatisch auf, wenn sich die Republicans erhoben, so haben immer mehr Zuschauer das Sitzenbleiben als Chance genutzt, ihre politische Meinung zu bekunden. Während meine beiden Sitznachbarn sich euphorisch von ihren Stühlen erhoben, habe ich mich gefragt, ob ich die Aussage unterstütze und dafür applaudieren möchte.
  • „Members of Congress, the State of our Union is strong!“, nach einer Applauswelle stimmten die Republicans in einen “USA, USA, USA” Gesang ein. Ich zuckte zusammen und war kurz erstarrt. Für mich war dieses offensive Zeigen des Nationalstolzes im Kongress befremdlich und unangenehm.

Congressman Shimkus holte mich von der Galerie ab, um mir kurz das Spektakel in der National Statuary Hall zu zeigen. Der große Raum war überflutet von Fotografen und Reportern, die auf die „shooting stars“ der amerikanischen Politik gewartet haben, um direkt die ersten Meinungen einzufangen. Der Congressman gehört nach seinen eigenen Angaben nicht dazu. Daher konnten wir entspannt den „roten Teppich“ runter laufen, um die Szene von der anderen Seite der Absperrung einzufangen. Unter anderem liefen Mitt Romney, Brett Kavanaugh und Nancy Pelosi nur wenige Zentimeter an mir vorbei, jedoch zu sehr abgeschirmt durch Sicherheitspersonal, um nach einem Foto zu fragen.

Durch die verwinkelsten und geheimsten Gänge ging es zum Auto. Tatsächlich hat mich Congressman Shimkus zur Bahnstation gefahren. Um 1:30 Uhr fiel ich erschlagen von allen Eindrücken, aber unfassbar glücklich, ins Bett.

Clara, warum hast du eigentlich das Ticket bekommen? Jeder Congress-Abgeordnete darf eine Begleitperson mitnehmen. In Time-Slots, die zufällig an die Offices vergeben werden, können dann die Namen der Begleitpersonen eingetragen werden. Anscheinend hat sich keiner im Team diesen Platz reserviert und so war ich die erste, über die Molly gestolpert ist, als sie durchs Büro gelaufen ist. Ich hatte einfach unfassbares Glück. Daher bin ich zu tiefst dankbar, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort gesessen habe, um an diesem einzigartigen Event teilnehmen zu können. The State of the Union live mitzuerleben, das hätte ich niemals zu träumen gewagt. Die Erinnerung an dieses Ereignis werde ich sicherlich nie vergessen. Mehr als 1000x Danke an alle, die mir das ermöglicht haben!

Southern Hospitality

Eine Woche thanksgiving break! Was tun, wenn die meisten zu ihren Familien düsen und die Hostmum arbeiten muss? Sieben Tage rumgammeln ist ein bisschen lang. Also machte ich mich das erste Mal alleine auf; Ziel MONTGOMERY, Alabama.

„Warum denn Montgomery, Clara? Du kannst doch easy nach Miami fliegen und dich bei strahlendem Sonnenschein am Beach bräunen?!“.

Montgomery ist innerhalb 3 Stunden per Auto von mir zu erreichen und ist ein besonderer Schauplatz in der „Civil Rights Bewegung“ der amerikanischen Geschichte. Viele Amerikaner können über diese Bewegung sprechen, entweder, weil sie sie selber miterlebt haben und/oder weil sie die Auswirkung noch heute deutlich spüren, was das Thema für mich faszinierend macht. Je mehr ich über diese Zeit erfahre, egal ob durch Filme, Museen, Literatur oder Gespräche, desto mehr Fragen kommen auf, die ich unbedingt beantwortet haben will. In der Hauptstadt von Alabama startete der legendäre Busboycott und der historische Marsch von Selma endete dort. Diese Stadt, in der durch einige Ereignisse Geschichte geschrieben wurde, wollte ich somit besuchen. Also das günstigste Airbnb gebucht und los.

Ich könnte euch über die Museen berichten und die Fakten aufschreiben, die mich während der Ausstellung schockiert haben, aber die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Südstaatler hat mir einen Anstoß gegeben mein Denken und Handeln zu verändern.

Schon in Georgia ist mir aufgefallen, dass random people, die mir entgegen kommen, mich einfach anlächeln. Zunächst sind meine Selbstzweifel durchgekommen und ich habe mich gefragt, ob ich was im Gesicht habe oder irgendwas mit meinem Outfit nicht stimmt. Aber nein, sie lächeln einfach. Und man kann gar nicht anders als zurück zu lächeln! 🙂
Diese Aktion ist zwischenmenschlich gesehen bedeutungslos, aber es tut so gut dieses Lächeln zu erhalten. Automatisch fühle ich mich willkommener, wohler und besser. In einer leergefegten Stadt wie Montgomery wird zu dem Lächeln ein Nicken oder „Hey“ hinzugefügt. Klar, in einer anonymen Großstadt wie Hamburg werde ich nicht jeden grüßen können, dem ich entgegen komme. Jedoch wurde mir wieder einmal bewusst, wie wichtig ein Blick vom Handy weg und in die Augen meines Mitmenschen sein kann.

 

Mit „Honey“, „Sweetheart“ oder „Sweetie“ flirten sie nicht. Es sind normale Anreden, egal ob im Führerscheinbüro oder im Café, an die ich mich erst gewöhnen musste. Diese Worte sind jedoch ein passender Ausdruck von der allgemeinen Freundlich- und Herzlichkeit, die mich echt beeindruckt. Während ich behaupten würde am Anfang eines Gespräches mit einer unbekannten Person zurückhaltend und „reserviert“ zu sein, habe ich mich hier oft gefragt, wie man zu fremden Menschen nur so nett und aufgeschlossen sein kann. Im Gegensatz zu vielen Vorurteilen, habe ich diese Eigenschaften, vor allem in Montgomery, als authentisch wahrgenommen.

 

Tim war nicht irgendein Airbnb Host. Durch seine „outstanding hospitality and generosity“ hat es sich angefühlt, als würde ich einen altbekannten Onkel besuchen. Tatsächlich kann ich mich nicht erinnern, mich an einem anderen Ort so schnell zu Hause gefühlt zu haben, wie in seinem Bungalow, was mehr einem Museum glich. Über seine selbstgemalten Gemälde und gesammelten Kunststücke haben wir uns stundenlang unterhalten, bevor er eine 90-jährige zum Klassikkonzert abgeholt hat.
„Clara, why don’t you join us?“ Naja, Klassikkonzerte stehen jetzt nicht auf meiner “top things to spend money on”- Liste, aber why not? Obwohl ich für eine Karte in der hintersten der hintersten Reihe bezahlt hatte, fand ich mich plötzlich neben Tim in der ersten Reihe des Balkons wieder, umringt von typischen „southern Ladies“ in ihren 80zigern. Eine einzigartige Erfahrung!

Warum fühlte es sich im Konzertsaal für einen kurzen Moment so an, als würde „separate but equal“ noch aktuell sein?

Die Aufgeschlossenheit und Herzlichkeit, die ich in den Cafés oder Museen erfahren habe, ist mir auch hier entgegen gekommen. Nur nicht, wenn ich auf die Civil Rights Bewegung zu sprechen kam und damit dem Grund für meine Reise. Ohne Ausnahme ist niemand auf das Thema eingegangen, entweder wurde auf das State Capitol verwiesen, was ich unbedingt besuchen soll [nebenan ist eine Statur der Confederancy] oder das Gespräch wurde mit einem halbherzigen „interesting“ beendet. Auch Tim umging clever meinen Fragen wo er damals war und wie er die Zeit wahrgenommen hat. Bei jedem anderen Thema war er deutlich bereiter mir ausführlich seine Geschichten zu erzählen, denen ich wirklich gerne gelauscht habe. Vielleicht auch deswegen nahm ich die Einladung noch eine Nacht länger zu bleiben, ohne dafür zu bezahlen, gerne an. Das Essen bei seinem lieblings-Mexikaner ging ohne Wenn und Aber auf seinen Nacken.

 

„Du weißt wo die Schlüssel versteckt sind. Ehrlich, du bist jederzeit willkommen!“

What would Merkel say?

Der Fall Khashoggi. Entsetzlich, Mysteriös, Beängstigend.
Seit dem 2ten Oktober werden immer wieder Statements veröffentlicht, die entweder für Klarheit sorgen oder genau das Gegenteil bewirken; mehr Fragen aufwerfen. Wie reagiert die internationale Gemeinschaft auf den Tod des Journalisten? Genau das haben wir uns im International Relations Kurs gefragt. Jeder von uns hat eine Rolle zugeteilt bekommen, die wir während einer Panel-Diskussion verkörpern sollten. Unter anderem: Trump, Erdogan, Prince Bin Salman, Juncker, President of JP Morgan- Jamie Dimon, President of the oil importers group of America, Macron und Merkel. Surprise! Ich war Merkel. As easy as pie dachte ich; Die deutsche Regierung verurteilt die Tat, sie verlangt Transparenz und schnelle Aufklärung der Todesumstände und stimmt sich mit seinen europäischen Partnern über mögliche Konsequenzen für die saudische Regierung ab. Punkt. Erstmal nichts konkretes, keine voreiligen Schlüssle ziehen. Da das Statement aber 2 Seiten, 1,5 Zeilen Abstand und  Schriftgröße 12 umfassen sollte, konnte ich es dabei nicht belassen. Ich recherchierte:

Wie sah die Beziehung zu Saudi Arabien vor dem Fall Khashoggi aus? Was verändert die Tat?
Was ist mit deutschen Rüstungsexporten in das Königreich?
Werden Handlungsempfehlungen bezüglich einer Teilnahme oder Boykottierung an deutsche Unternehmen ausgesprochen, die zu „Davos in the Desert“ eingeladen wurden? Über welches Volumen sprechen wir eigentlich sowohl für die Rüstungsexporte als auch bei den möglichen Deals, die in Davos geschlossen werden könnten? Was würde das für die deutsche Wirtschaft bedeuten?

Wie formuliert man so ein Statement? Wo bedarf es einer vorsichtigeren Formulierung und warum?

Am Ende war ich mit dem Paper einigermaßen zufrieden, aber das vor der Klasse vorzutragen? Uff, das hätte ich erstmal gerne vermieden.

Nachdem aber Juncker in seiner Rede eine Reaktion der EU-Staaten verlangt hat, musste Angela nach vorne. Es hat extrem Spaß gemacht!

Bei dem Vortragen des Statements blieb es natürlich nicht. Da wir unsere Rolle ziemlich gut gelebt haben, kam danach eine spannende Diskussion zu Stande.

Wie reagieren die anderen Staaten auf das Statement von Deutschland? Wie antwortet Deutschland auf Kritik von diesen? Kommentiert Deutschland das Statement von Trump und was sagt es zu den Aussagen der saudischen Regierung? Wieviel Kritik ist erlaubt? Welche Staaten sprechen ihre Statements und ihre Handlungen ab und wie werden diese getroffen?

Ein Statement ist nicht einfach dahingeschrieben. Wir als Macron, Juncker und Merkel haben sehr genau überlegt, wie wir handeln und was wir sagen. Häufig wollten wir einfach nur mit der Faust auf den Tisch schlagen und raushauen, was wir wirklich dachten. Aber genau das war die herausfordernde Gradwanderung. Jedes internationale Thema verlangt ein klares Urteil auf der einen aber auch die nötige Sensibilität auf der anderen Seite. Die Konsequenz des eigenen Handelns in allen Facetten vorerst zu überdenken ist wichtig, um erfolgreich Internationale Beziehungen zu führen.

Trump in Aktion

50 cents for an apple

Dickes Omelett mit Pilzen, Paprika, Zwiebeln, Käse und Baaacon! Mhm was für ein perfekter Start in den Tag. Lissa und ich beten vor jeder Mahlzeit… „bless us our Lord and these thy gifts“. Das ich dieses Geschenk häufig überhaupt nicht zu schätzen weiß ist mir bewusst aber ich versuche den Gedanken zu ignorieren, weil er beim Bissen ins Frühstück stört. Am Abend wurde mir jedoch deutlich vor Augen geführt, dass ich einfach nur gesegnet bin mich jeden Morgen entscheiden zu können, ob ich Toast, Obstsalat oder Pancakes möchte.

Mit Lissa und einer Freundin bin ich nach Atlanta Downtown gefahren, um die Atlanta Community Food Bank zu unterstützen. Diese Organisation verkauft gespendetes Obst und Gemüse an Menschen mit geringerem Einkommen viel, viel günstiger als der herkömmliche Marktpreis. Meine Aufgabe war es die Körbe aufzufüllen und für eine gute Präsentation der Ware zu sorgen. Da das relativ schnell erledigt war, habe ich mir einen Korb geschnappt und den Menschen geholfen die den Korb nicht tragen/ halten konnten. Es war eine gute Möglichkeit mit ihnen schnell ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. Ich war erstaunt, wie offen mir die meisten berichtet haben, wie es ihnen gerade geht und wie dankbar sie für solche Organisationen sind.

Zitate, die mir in Erinnerung geblieben sind:

„Look honey! I’m coming home from work and I’m absolutely hungry. I pass by McDonald’s and what is written on their poster? Double Bacon Smokehouse Burger served with a Cheesburger, fries and refill soda. $8. I would have to spend $25 in a normal supermarket if I wanted to make a good healthy meal at home. Eating healthy is impossible over here.“

 

„$4? Put it back sweetheart! I can’t afford it, it’s definitely too expensive. I have to get through the end of the month. Can you sell it for $2?“ [Verhandlungen oder extra Rabatte sind nicht möglich, also musste ich die Trauben wieder zurück stellen]

 

Mummy, Mummy can I have an apple? – Taylor…. Maybe next week.

Für seinen enttäuschten Blick finde ich keine Worte

Hunger in America is heartbreaking reality. Durch meinen Alltag an der Uni, ist es leicht den Bildern von Downtown Atlanta zu entkommen, da ich dort nur eine ganz bestimme Gesellschaftsschicht antreffe. Nun wurde ich zum ersten Mal mit den „Schattenseiten des amerikanischen Traums“ konfrontiert und war erschüttert. Nicht mal ansatzweise kann ich nachvollziehen, was es bedeutet jeden Dollar umzudrehen, damit es bis Ende des Monats reicht…

“your time makes a difference in the lives of your neighbors struggling with hunger!”- Das Engagement geht auf jeden Fall weiter!

 

There is hope!

In der Uni habe ich unteranderem Peace and Conflict studies (definitiv einer meiner Lieblingskurse). Am Mittwoch sollten wir zu folgenden Fragen ein Statement schreiben

  1. How hopeful are you for peace in your life: family, community, state, country, world.
  2. From what specific sources do your ideas and images about peace come from
  3. Where might you find different ideas and images about peace?

Zur letzten Frage habe ich 6 Stunden später eine passende Antwort gefunden. Mit meinem International Relations Kurs (definitiv einer meiner Lieblingskurse) sind wir zur Filmvorstellung von „Merci Congo“ gefahren. Der Dokumentarfilm porträtiert sechs Menschen, die gegen die hoffnungslose und menschenverachtende Situation in dem afrikanischen Land kämpfen. Jeder auf seine eigene Weise, aber alle mit dem unerschrockenen Willen Frieden in das Land zu bringen, was geprägt ist von Korruption und Gewalt. Unteranderem wird Neema Namadamu in dem Film vorgestellt. Sie hat als erste Frau ihres Dorfes einen Universitätsabschluss und setzt sich nun für die Rechte von Frauen ein. Einer der besten Szenen: Sie sorgt für eine Strom und Internetverbindung in ihrem sehr, sehr abgelegten Dorf, um eine Skype Verbindung herzustellen. Die großen Augen der Dorfbewohner, als sie die Stimme hören; unglaublich.

Neema war an diesem Abend auch in der Jimmy Cater Library und hat am Ende Fragen der Zuschauer beantwortet. She said:

„Ladies and gentleman; problems are opportunities! I’m disabled but look; here I’m! Don’t get depressed thinking about what you can’t achieve, take advantage of it! I’m feeling like a queen getting a ride at the airport waving at all the people waiting for boarding”

“Where do I get the power from? I stand up every day because people are suffering. Suffering drives me!”

Obwohl es häufig so hoffnungslos erscheint, sie hat niemals ihren Glauben an eine bessere Welt aufgegeben und kämpft mit all ihrem Dasein für Leben in Frieden. There is hope!

Ich hatte die große Ehre diese starke Frau zu treffen. Allein ihre Ausstrahlung war einzigartig, ganz zu schweigen von ihrer Herzlichkeit. Merci Neema!

https://www.mercicongo.com/

Keep on asking!

Um von der Uni nach Hause zu kommen fahre ich in Ausnahmefällen, wenn mich meine Hostmum nicht fährt, Taxi. So auch diesen Sonntag und der ganz normale SmallTalk begann mit Brian. Relativ schnell kamen wir aber zur aktuellen Politik und endeten bei Rassismus und der Bedeutung der „southern flag“. Wir unterhielten uns erstaunlich lange, denn obwohl die Fahrt nach 10 Minuten vorbei war saßen wir noch weitere 45 Minuten im Auto und redeten. Eher gesagt er redete und schilderte seine Sichtweise auf die Dinge. Direkt nachdem ich ins Haus gekommen bin habe ich das Gespräch aufgeschrieben, unkommentiert aber gekürzt hier Ausschnitte:


We have talked about my internship and how hard it might be to find a job without a Bachelor’s degree.
Brian: Don’t worry! Our economy is booming at the moment and our unemployment rate is at its lowest level for 100 years. Every company is hiring like crazy and urgently seeking interns.
Clara: Thanks to Trump?
Brian: Well, yeah, definitely! After years of social reforms which 1. Nobody needs and are more unnecessary than ever 2. Costs millions of dollars 3. Destroying our economy; Trump has brought hope! His decisions will bring our country back to great strength. Don’t forget that he is a real businessman. It’s good to have someone who decides with economic knowledge.
Clara: Isn’t Trump harvesting what Obama was sowing?
Brian: Obama definitely drove away the business people due his social welfare ideas. These are just too expensive and they do not want to pay their contribution. He destroyed the unique entrepreneurial spirit. Everyone should worry about themselves. That’s the freedom I want, and I expect from the United States of America.


Brian: Everyone is speaking about racism and that it still exists. But it is not present! Do you feel it? Everybody is equal; everybody has the same rights.
Clara: Do you have friends with different skin-color?
Brian: [moment of silence] Sure I have a few.
Clara: And how do they feel?
Brian: They will probably vote farther left.

Thanks Brian for sharing your thoughts with me! I really appreciate your honesty.


Brian shows me his upper arm.
Brian: Normally, I wear a long shirt to avoid unnecessary discussions, but I have a tattoo of the southern flag! It’s not a symbol of white superiority. It just reminds me that I can be more than proud of my southern origin.
Clara: In some way it’s a symbol of the hatred and oppression of the white supremacy movement. Isn’t the Ku Klux Klan using it?
Brian: It’s often related to racism and slavery. But for me it’s not about that. I’m listening to Lynyrd Skynyrd which shows the southern flag on stage to state the fact that you can be proud to be American. For me and for them it’s not a symbol of racism.


Brian: … like the Civil War wasn’t about slavery!
Clara: Oh! I’m so sorry to ask you that question. But what was the real reason?
Brian: Surely they were discussing a little bit about slavery but it wasn’t all about that. The first reason was definitely self-determination of the states. What history forgets is that nothing is black or white. Some slaves were treated well and had great living conditions.



Einfach mal nur zuhören und nicht kommentieren oder dagegen argumentieren; das war extrem schwer. Jedoch konnte ich nur so seine ganz persönliche Denkweise erfahren. Wenn ich immer wieder zum Gegenangriff ausgeholt und seine Sichtweise verurteilt hätte, hätten wir sicherlich nicht diese Konversation führen können. Trotzdem kann ich seine Statements nicht fassen und mein Bauch füllt sich so mit Wut, dass ich in die Tasten haue, als es würde es keinen Morgen geben. Wie kann ich diese Wut in sinnvollen Aktionismus umdrehen?

Why so serious?

Mit dem Fahrstuhl aus dem 22ten Stock des State Departments kommend, ging es das letzte Mal an den drei Flaggen vorbei, die so viel zu erzählen haben. Noch schnell ein Foto davor machen, damit ich Oma mit Bildern berichten kann, wo ich mich aufhalte. Da ich es unangenehm finde, wenn mich Leute angucken, während ein Foto von mir gemacht wird, wartete ich, bis die Truppe um die Ecke war. Im festen Glauben daran nur von „meiner Fotografin“ angeschaut zu werden, legte ich ne‘ kleine Dance-Einlage auf dem Weg zum Shooting-spot hin. Als ich mich zu ihr umdrehte wurde mein Gesicht heiß und rot. Die Sicherheitsbeamtin stand immer noch im Aufzug und lächelte mich breit an.

Clara: “Oh! I’m sorry“.
Dame: “Girl, you’re absolutely fine!“
Clara: “It won’t take long I promise. Just a couple of pictures”
Dame: “Don’t worry, go ahead. I just have to make sure you’re exiting the room before I take the elevator back to the 22nd floor”
In der Hoffnung, dass sich meine Gesichtsfarbe neutralisiert hat, stellte ich mich gerade hin und setzte mein Standard-Lächeln auf.
Dame: „HEY! I liked the dancing part much better!”
Irritiert schaute ich sie an aber sie nickte, lachte und bewegte sich selber von einem Bein auf das andere.

Ach komm was soll’s, Clara do it!

Sie klatschte und lachte. Ich lachte. „Meine Fotografin“ lachte.
Also why so “serious” auf Bildern, wenn man doch die unendliche Freude und das Glück das man in dem Moment verspürt, „much better“ vermitteln kann als durch ein Standard-Lächeln?! 

New York!

Staten Island Ferry

Das Riesenabenteuer ins Unbekannte beginnt!

Wie alle vor mir schaue ich über die Reling und genieße den Augenblick; Was für ein atemberaubendes Gefühl!
Vor mir die New Yorker Skyline und ich kann es noch gar nicht richtig fassen, dass ich 365 Tage hier leben werde. Ich bin voll positiver Zuversicht, dass es ein unvergessliches Jahr wird, voller Momente die mich prägen werden. Welche werden das sein? Zu welchen Themen werde ich meine Meinung ändern?  Was lässt mich die Hand an den Kopf schlagen und denken „Seriously?!“? An welche Orte wird es mich ziehen? Eine to-do-list habe ich mir bewusst nicht geschrieben damit ich im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ offen für spontane Aktionen bin.

Ein guter Freund hat mich gefragt ob ich Bedenken oder Angst habe: Tatsächlich überhaupt nicht! Im schlimmsten Fall kann ich jederzeit zurück. Den sicheren Heimat-Hafen-Hamburg habe ich nur vorübergehen verlassen. Was für eine privilegierte Situation im Gegensatz zu all den Menschen, die damals (wie heute) fliehen mussten (müssen), weil sie keine andere Wahl hatten (haben) und auf New York (Europa) blickten (blicken) als einzige Hoffnung, endlich ein Leben in Sicherheit zu führen…

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