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Southern Hospitality

Eine Woche thanksgiving break! Was tun, wenn die meisten zu ihren Familien düsen und die Hostmum arbeiten muss? Sieben Tage rumgammeln ist ein bisschen lang. Also machte ich mich das erste Mal alleine auf; Ziel MONTGOMERY, Alabama.

„Warum denn Montgomery, Clara? Du kannst doch easy nach Miami fliegen und dich bei strahlendem Sonnenschein am Beach bräunen?!“.

Montgomery ist innerhalb 3 Stunden per Auto von mir zu erreichen und ist ein besonderer Schauplatz in der „Civil Rights Bewegung“ der amerikanischen Geschichte. Viele Amerikaner können über diese Bewegung sprechen, entweder, weil sie sie selber miterlebt haben und/oder weil sie die Auswirkung noch heute deutlich spüren, was das Thema für mich faszinierend macht. Je mehr ich über diese Zeit erfahre, egal ob durch Filme, Museen, Literatur oder Gespräche, desto mehr Fragen kommen auf, die ich unbedingt beantwortet haben will. In der Hauptstadt von Alabama startete der legendäre Busboycott und der historische Marsch von Selma endete dort. Diese Stadt, in der durch einige Ereignisse Geschichte geschrieben wurde, wollte ich somit besuchen. Also das günstigste Airbnb gebucht und los.

Ich könnte euch über die Museen berichten und die Fakten aufschreiben, die mich während der Ausstellung schockiert haben, aber die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Südstaatler hat mir einen Anstoß gegeben mein Denken und Handeln zu verändern.

Schon in Georgia ist mir aufgefallen, dass random people, die mir entgegen kommen, mich einfach anlächeln. Zunächst sind meine Selbstzweifel durchgekommen und ich habe mich gefragt, ob ich was im Gesicht habe oder irgendwas mit meinem Outfit nicht stimmt. Aber nein, sie lächeln einfach. Und man kann gar nicht anders als zurück zu lächeln! 🙂
Diese Aktion ist zwischenmenschlich gesehen bedeutungslos, aber es tut so gut dieses Lächeln zu erhalten. Automatisch fühle ich mich willkommener, wohler und besser. In einer leergefegten Stadt wie Montgomery wird zu dem Lächeln ein Nicken oder „Hey“ hinzugefügt. Klar, in einer anonymen Großstadt wie Hamburg werde ich nicht jeden grüßen können, dem ich entgegen komme. Jedoch wurde mir wieder einmal bewusst, wie wichtig ein Blick vom Handy weg und in die Augen meines Mitmenschen sein kann.

 

Mit „Honey“, „Sweetheart“ oder „Sweetie“ flirten sie nicht. Es sind normale Anreden, egal ob im Führerscheinbüro oder im Café, an die ich mich erst gewöhnen musste. Diese Worte sind jedoch ein passender Ausdruck von der allgemeinen Freundlich- und Herzlichkeit, die mich echt beeindruckt. Während ich behaupten würde am Anfang eines Gespräches mit einer unbekannten Person zurückhaltend und „reserviert“ zu sein, habe ich mich hier oft gefragt, wie man zu fremden Menschen nur so nett und aufgeschlossen sein kann. Im Gegensatz zu vielen Vorurteilen, habe ich diese Eigenschaften, vor allem in Montgomery, als authentisch wahrgenommen.

 

Tim war nicht irgendein Airbnb Host. Durch seine „outstanding hospitality and generosity“ hat es sich angefühlt, als würde ich einen altbekannten Onkel besuchen. Tatsächlich kann ich mich nicht erinnern, mich an einem anderen Ort so schnell zu Hause gefühlt zu haben, wie in seinem Bungalow, was mehr einem Museum glich. Über seine selbstgemalten Gemälde und gesammelten Kunststücke haben wir uns stundenlang unterhalten, bevor er eine 90-jährige zum Klassikkonzert abgeholt hat.
„Clara, why don’t you join us?“ Naja, Klassikkonzerte stehen jetzt nicht auf meiner “top things to spend money on”- Liste, aber why not? Obwohl ich für eine Karte in der hintersten der hintersten Reihe bezahlt hatte, fand ich mich plötzlich neben Tim in der ersten Reihe des Balkons wieder, umringt von typischen „southern Ladies“ in ihren 80zigern. Eine einzigartige Erfahrung!

Warum fühlte es sich im Konzertsaal für einen kurzen Moment so an, als würde „separate but equal“ noch aktuell sein?

Die Aufgeschlossenheit und Herzlichkeit, die ich in den Cafés oder Museen erfahren habe, ist mir auch hier entgegen gekommen. Nur nicht, wenn ich auf die Civil Rights Bewegung zu sprechen kam und damit dem Grund für meine Reise. Ohne Ausnahme ist niemand auf das Thema eingegangen, entweder wurde auf das State Capitol verwiesen, was ich unbedingt besuchen soll [nebenan ist eine Statur der Confederancy] oder das Gespräch wurde mit einem halbherzigen „interesting“ beendet. Auch Tim umging clever meinen Fragen wo er damals war und wie er die Zeit wahrgenommen hat. Bei jedem anderen Thema war er deutlich bereiter mir ausführlich seine Geschichten zu erzählen, denen ich wirklich gerne gelauscht habe. Vielleicht auch deswegen nahm ich die Einladung noch eine Nacht länger zu bleiben, ohne dafür zu bezahlen, gerne an. Das Essen bei seinem lieblings-Mexikaner ging ohne Wenn und Aber auf seinen Nacken.

 

„Du weißt wo die Schlüssel versteckt sind. Ehrlich, du bist jederzeit willkommen!“

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